
“12 Stradivari”
DECCA
Schon die Idee von diesem Vorhaben war atemberaubend: zusammen mit ihrer Plattenfirma begibt sich eine Geigerin auf die Spuren eines der berühmtesten Geigenbauer der Welt, sucht 12 seiner schönsten Instrumente aus und spielt auf ihnen Werke verschiedener Komponisten ein!
Die niederländische Geigerin Janine Jansen und Decca haben dieses beispiellose Projekt verwirklicht und den Klang von zwölf Geigen Antonio Stradivaris (1644 - 1737) zum ersten Mal in der Geschichte auf einem Album vereint. Einige Instrumente gehörten großen Virtuosen wie Fritz Kreisler, Nathan Milstein, Ida Haendel und Oscar Shumsky. Manche Geigen wurden seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gespielt und sind möglicherweise auch noch nie kommerziell aufgenommen worden. Das Besondere an den Instrumenten Antonio Stradivaris, der Grund, warum alle Geigenvirtuosen davon träumen, auf ihnen spielen zu können, ist ihre Individualität – keines ist wie das andere. Steven Smith, der Geschäftsführer des weltweit führenden Geigenhändlers J&A Beare, wollte zwölf der allerbesten Geigen mit dem Ziel zusammenbringen, sowohl die Brillanz und Unterschiede zwischen den zwölf Stradivari Violinen zu zeigen als auch die verschiedenen Klänge für die Nachwelt in einem besonderen Album festzuhalten. Die logistischen Herausforderungen, alle 12 Instrumente aus der ganzen Welt nach London zu fliegen, damit Janine Jansen dort die Aufnahmen einspielen konnte, waren enorm.
Was nun das Repertoire betrifft, so wäre es sicher das Naheliegendste gewesen, Werke von Vivaldi, Tartini oder Boccherini für das Album auszuwählen. Aber genau das geschah nicht. Stattdessen reicht das Repertoire des Albums “12 Stradivari” von Manuel de Falla über Robert Schumann bis Henri Viextemps, zu Fritz Kreisler, Johannes Brahms, Sergej Rachmaninow und Josef Suk. Diese musikalische Vielfalt erlaubte es der Solistin, die Stücke den ganz individuellen Charakteren der einzelnen Instrumente anzupassen und diese damit hörbar zu machen. Gemeinsam mit ihrem musikalischen Vertrauten, dem Dirigenten Sir Antonio Pappano am Klavier hat Janine Jansen 15 kleinformatige Meisterwerke für Solovioline und Klavier herausgesucht. „Sospiri“ Op. 70 etwa, das Edward Elgar 1914, kurz vor dem Beginn des 1. Weltkrieges als Adagio für Streichorchester, Harfe und Orgel komponiert hatte. Mit der hier gespielten Bearbeitung kehren Jansen und Pappano zu Elgars ursprünglicher Intention zurück, der sich zunächst tatsächlich ein Stück für Violine und Klavier unter dem Titel „Soupir d'Amour“ („Seufzer der Liebe") vorstellte. Später wählte er den italienischen Titel „Sospiri“.
Eindringlich und intensiv dagegen Karol Szymanowskis „La fontaine d'Arethuse“, dem ersten von drei Stücken aus „Mythes, Trois Poems“ op. 30 für Violine und Klavier, die während des Ersten Weltkriegs (1915) entstanden. Wie die meisten französischen Komponisten war seinerzeit auch Maurice Ravel in den Bann jenes langsamen, sinnlichen Tanzes aus Kubas Hauptstadt Havanna gezogen worden, der seinerzeit in Europa Verbreitung fand. Ravels „Pièce en forme de Habanéra“, 1926 für Violine und Klavier geschrieben ist ein Stück „in Form von“, also nach dem Vorbild des berühmtesten Tanzes Kubas. Im Kontrast dazu die „Lansky“-Arie aus Tschaikowskys Oper „Eugene Onegin” im Arrangement für Geige und Klavier – emotionaler geht es kaum. In jedem der Werke lassen sich andere Emotionen und Stimmungen entdecken.
So vereint dieses Album letztlich drei Stars: Janine Jansen, Antonio Pappano und – Antonio Stradivari.
tzm