
Lang Lang
„Goldberg-Variationen“
Universal
Goldberg-Variationen.
Mehr als zwanzig Jahre hat Lang Lang das Stück studiert und eigentlich war seine Aufführung für den 30. Geburtstag geplant. Aber dann vergingen noch sieben weitere Jahre, ehe er sie im März dieses Jahres im Rahmen eines zweistündigen Recitals ohne Pause in Wiesbaden endlich zum ersten Mal aufführte, die „Goldberg-Variationen“ Johann Sebastian Bachs. Sie zählen zu den bedeutendsten Werken der Klavierliteratur und haben über die Jahrhunderte hinweg Pianisten zu immer wieder neuen musikalischen Auseinandersetzungen angeregt. Es sei auch für ihn immer ein Traum gewesen, dieses Schlüsselwerk zu spielen, es einmal selbst aufzunehmen und seine ganz eigene Deutungsweise der Goldberg-Variationen zu offenbaren.
Zu den intensiven Vorbereitungen Lang Langs auf diese Aufnahme gehört zum Beispiel ein Besuch der Bachkirche in Arnstadt, einer der Wirkungsstätten Bachs, mit der Wender-Orgel von 1703, auf der Bach gespielt hatte. Hier machte Lang Lang sich mit den Ausdrucksmöglichkeiten der Barockorgel gegenüber der modernen Orgel vertraut. Für ihn seien die Goldbergvariationen durchaus auch auf der Orgel vorstellbar, sagt er.
Bei einer sechstägigen Arbeitssession mit dem Pianisten Andreas Steier, einem seiner „absolute favarite musicians“, diskutierte er die einzelnen Variationen und auch auch viele Fragen zu Bach, zur Barockmusik – darunter auch ganz spezielle Fragen. Welches Instrument etwa mochte Bach bei der 22. Variation, dem Adagio, vorgeschwebt sein? Aufbau und Diktion des Stückes, Einsatz und Betonung einzelner Phrasen etwa wären auch mit einem Kantatenhintergrund vorstellbar. Wann ist das Pedal unerläßlich? Der Zusammanhang von Wiederholungen und Dynamik - wie laut kann man Bach überhaupt spielen, wie weit könnte man gehen? Gibt es das Dreifach-Fortissimo bei Bach? Bach auf dem Steinway oder auf dem Cembalo? Der Weg, die einzelnen Variationen als alleinstehende, separate Stücke aufzufassen, ermöglicht eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten.
Dass zum Beispiel die Variation 26, bei seinen morgendlichen Überitualen zu seinen Favoriten zählt, nach Etüden von Chopin und Liszt, kommt nicht von ungefähr. Die rasend schnellen Läufe der linken und der rechten Hand, die sich zudem noch kreuzen, in höchster Gleichmäßigkeit zu absolvieren, ist für Lang Lang jedoch nicht nur eine ganz besonders herausfordende Fingerübung. Für ihn sei das wie ein Flugzeug, das gerade im Begriff ist, abzuheben. Die „Goldbergvariationen“, sagt Lang „zeigen uns stets alles, was wir haben, und alles was wir nicht haben, was wir lernen müssen.“
Auf dem nun vorliegenden Album finden sich denn auch gleich zwei Interpretationen: zum einen eine klassische Studio-Einspielung, zum anderen der Mitschnitt einer besonderen Live-Aufführung des Variationszyklus in der Leipziger Thomaskirche unweit des Grabs von Johann Sebastian Bach. „ Am Ende des Konzerts musst du das Gefühl haben, selbst Teil des Werkes zu sein. Nicht nur dass das Werk in dir ist – du solltest aucgh spüren, dass das Werk dir gehört“.
tzm