Lise Davidsen

„Beethoven, Wagner, Verdi“ 

DECCA

Es ist ihr zweites Album und es stellte die junge lyrische Sopranistin Lise Davidsen aus Norwegen vor besondere Herausforderungen. Zum einen fanden die Aufnahmen mit dem London Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Sir Mark Elder und Pandemiebedingungen im Lockdown statt. Zum Anderen erforderte die Thematik des Albums – „Große Heldinnen der deutschen und italienischen Opernliteratur“ ein besonderes Maß an Vielseitigkeit. Die Wahl fiel auf Ludwig van Beethoven, Luigi Cherubini, Pietro Mascagni, und Giuseppe Verdi. 

Schon die Eröffnung des Albums mit dem Rezitativ und der leidenschaftlichen wie beseelten Arie der Leonore aus dem 1. Akt des „Fidelio“ ist beeindruckender Schauplatz für großes Gefühl und große Stimme: Eben entfernt sich der Gouverneur Pizarro, der die heimliche Ermordung Florestans plant, als Leonore die Szene betritt und ihm voll dunkler Ahnung nachruft „Abscheulicher, wo willst du hin!“ um dann die Hoffnungsarie zu singen.

Die dreiteilige Konzertarie „Ah! Perfido“ - Beethovens berühmteste - war seine erste Erfahrung mit einem Text der italienischen Opera seria. In dem Drama „Achille in Sciro“ des bedeutendsten Libretto-Dichters seiner Zeit, Pietro Metastasio, findet sich das Rezitativ „Ah! Perfido“, in dem die Königstochter Deidamia versucht, ihren zu pflichtbewussten, weil in den Krieg ziehenden Geliebten Achill zum Bleiben zu bewegen. Vermutlich entstand die Arie „Ah! Perfido“ auf einer Konzertreise in Prag, und wurde dort von einer der berühmtesten Sängerinnen ihrer Zeit, Josepha Duschek, uraufgeführt.

Nicht minder bewegend die Arie „Pace, pace mio Dio“ der Leonora aus dem 4. Akt der Verdi-Oper “La forza del destino”. Leonoras Bitte an den Herrn um Frieden und Erlösung von dem grausamen Schicksal, das sie von ihrer großen Liebe, dem Peruaner Alvaro trennt, ist zugleich ihre Abschiedsarie – kurz darauf wird sie vom Carlos, ihrem eigenen Bruder ermordet.

Dramatisch auch das Abendgebet der Desdemona die wenig später als Opfer einer Intrige von ihrem Ehemann, dem eifersüchtigen und getäuschten Otello getötet wird, dann die Klage der „Medea“ über Jasons Verrat an ihr aus Cherubinis gleichnamiger Oper und schließlich Santuzzas klagendes Geständnis an die Mutter des von ihr heimlich geliebten Turridu in Mascagnis “Cavalleria rusticana” – all ist großes Musiktheater, das eine große Stimme braucht. Und Lise Davidsen hat diese Stimme. Einmal mehr bestätigt sich, was ihr das Magazin „Gramophone“ in der Rezension ihres Debüt-Albums mit Strauss- und Wagner-Aufnahmen für Decca bescheinigte:  “Sie gehört zu den größten sängerischen Begabungen, die in den letzten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, hervorgetreten sind

Ein Album-Finale der besonderen Art sind die fünf “Wesendonck-Lieder” Richard Wagners, die der Komponist 1857 und 1858 nach den Texten von Mathilde Wesendonck komponierte, zu jener Zeit also, als er an seine Oper „Tristan und Isolde“ arbeitete. Mit der Frau seines großen Gönners im Schweizer Exil, des Seidenhändlers Otto Wesendonck, verband ihn eine intensive geistige und platonische Beziehung. Was Wunder, dass die Musik zu ihren Dichtungen so außerordentlich innig, hochromantisch und bis ins Feinste ziseliert komponiert war.

 

tzm