
Pat Metheny
"From This Place"
Nonesuch
From This Place.
Die Initialzündung für das Entstehen dieses Albums verdankt Pat Metheny eigentlich der Tatsache, dass er mit dem Bassisten Ron Carter, „dem wichtigsten Helden in meinem Leben“, auf Duett-Tour unterwegs war. Ron Carter hatte in seinen späten Jahren im Miles Davis Quintett gespielt. Die vielen Stunden, in denen sie gemeinsam in Autos und Flugzeugen unterwegs waren, nutzte Metheny, seinem Idol all die Fragen zu stellen, die ihm schon immer auf den Nägeln brannten. Zum Beispiel, warum das Miles Davis Quintett zu Zeiten, als seine klassischen Alben wie Nofretete oder E.S.P entstanden, auf seinen Live-Konzerten diese neuen Titel nicht spielten. Stattdessen standen hauptsächlich jene Standards auf dem Programm, die die Band in den vergangenen Jahren auf ihren Konzerten immer gespielt hatte? Und Carter erklärte Metheny, dass es Miles Davis darauf angekommen sei, für diese spezielle Besetzung eine gemeinsame Sprache, eine Vertrautheit der Spieler untereinander zu entwickeln, die sich später im Studio auszahlen würde, wenn es darum ging, neues Material aufzunehmen. Miles wollte, dass sie diese älteren Melodien mit der gleichen Frische spielten, wie sie die neuen Kompositionen im Studio erfordern würden. Es ging darum, das Beste aus beiden Welten zu schaffen.
Das war auch der Ansatz für Pat Metheny. "From This Place" sollte ein Album mit einer sehr breiten Palette von Ausdrucksformen werden, die ihn im Laufe der Jahre schon immer interessiert hatten. Zugleich aber sollte das neue Material auf der Basis einer musikalischen Kommunikation entstehen, die nur bei einer Gruppe von Musikern möglich ist, die Hunderte von Nächten miteinander zusammen verbracht haben. In den Jahren, die dem neuen Album vorausgingen, spielte Metheny also mit dem Kernquartett dieser Aufnahme bei den zahlreichen Live-Konzerten vorrangig frühere Kompositionen. Bis dahin hatte er jede seiner Tourneen dem jeweils neuen Album gewidmet. Und das war sie, seine neue Band: sein langjähriger Schlagzeuger Antonio Sanchez, der Pianist Gwilym Simcock und Linda May Han Oh, einer Bassistin, die ihm in der New Yorker Szene aufgefallen war. Zwischen ihnen allen herrschte Einverständnis darüber, auch diese ältere Musik auf eine Art und Weise zu zu entdecken und zu spielen, als sei sie neu.
Und dann war für Metheny der Zeitpunkt gekommen, mit dieser Band und einer ganzen Reihe von neuen Titeln ins Studio zu gehen. Keine Proben, einfach und frisch musizieren, so, wie bei den Live-Konzerten, nur eben mit neuem Material. Über einen relativ kurzen Zeitraum schrieb Metheny 16 neue Stücke, setzte ein Datum für die Aufnahme und stellte sicher, dass genug Studiozeit blieb, um in alles eintauchen zu können, was dieses Material bietet. Und schon zu Beginn der Aufnahmen merkte Metheny, dass an der Musik etwas fehlte: „Während wir spielten, hörte ich Details in meinem Kopf, die nicht auf der Seite waren - noch. Ich verstand schnell, dass manchen Stücken Orchestrierung, Erweiterung und Farbe fehlten.“ Metheny holte sich zwei der angesehensten und fortschrittlichsten Arrangeure, Alan Broadbent und Gil Goldstein an seine Seite, teilte die Tracks zwischen den beiden auf, versehen mit ein paar Anmerkungen zu seinen musikalischen Vorstellungen. Dass er nicht zuletzt auch an Film-Scoring und amerikanische Filmmusik dachte, führte zu einer Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Joel McNeely, der ihm ein Orchester zusammenstellte um die Orchesterparts aufzunehmen, unterstützt von dem Studio-Perkussionisten Luis Conte und Gregoire, einem der gefragtesten Mundharmonikaspieler.
Den Titelsong übrigens schrieb Metheny einen Tag, nachdem Donald Trump am 8. November 2016 zum Präsidenten gewählt wurde. „Damit offenbarte unser Land der Welt schändlicherweise eine Seite seiner selbst, die in seiner jüngeren Geschichte meist verborgen geblieben war. Ich schrieb das Stück "From This Place" in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages, als die Wahlergebnisse traurig deutlich wurden.“ Für Metheny gab es nur eine Sängerin, die diesen Song singen konnte: die amerikanische Sängerin Meshell Ndegeocello.
„Mit Worten ihrer Partnerin Alison Riley“, sagt Metheny, „hielten sie genau das Gefühl dieses tragischen Moments fest und bekräftigten gleichzeitig die Hoffnung auf bessere Tage“
tzm