
Ringsgwandl | Andacht und Radau
1 CD
Sony Music/ BlankoMusic
Erhältlich seit 11.01.2019
Immer noch Lust auf Radau...
Kaum zu glauben: der Mann ist gerade Siebzig geworden und weit davon entfernt, seine Füße stillzuhalten. Der Ruf, der Georg Ringsgwandl anhaftet und weit über die blau-weißen autonomen Berg-Emirate hinausreicht, ist schillernder denn je: „Bayerns bester Barde“, „Valentin des Rock'n'Roll“, „Alpen-Dylan“ und „Punk-Qualtinger“ – jetzt erscheint sein sechzehntes(!) Album: „Andacht und Radau“.
Wenn der geflügelte Satz „Wie das Leben so spielt...“ bei jemandem Gültigkeit hat, dann bei Georg Ringsgwandl. Musik hatte ihn schon immer fasziniert. Ein Klavier konnte sich die Familie nicht leisten, aber als er acht Jahre alt war, schenkte seine Tante ihm ihre Zither. Bis heute gehört die „Alpenkeule“ zu seinem Instrumentarium. Mit zwölf hatte ein Lehrer den Jungen für den Jazz begeistert, der daraufhin Posaunenunterricht nahm und dann in der Dixielandkapelle des Lehrers „mithupte“ – bis er mit achtzehn wegen einer schweren Lungen-Tbc fast ein Jahr lang ins Sanatorium musste, wo er sich das Gitarrenspiel beibrachte und seine ersten Songs schrieb. Schon immer, sagt er, habe er den Wunsch gehabt, Musiker zu werden. Er wird es schließlich – auf Umwegen. Zunächst studiert er Medizin, arbeitet einige Jahre als Assistenzarzt, später als kardiologischer Oberarzt. Mit 45 zieht er einen Schlussstrich unter sein bisheriges Leben, hängt seinen Arztkittel an den Nagel und macht, wovon andere manchmal heimlich träumen: er fängt noch mal von vorn an, er geht endgültig auf die Bühne. Na gut, es ist nicht ganz von vorn. Bereits 1976, seine Arztkarriere beginnt gerade, tritt er mit musikalischen Kabarettstücken auf. Zehn Jahre später erscheint sein erstes Album „Das Letzte“. 1988 erhält er den Deutschen Kleinkunstpreis - alles Anzeichen dafür, daß Wechsel überfällig ist. Seither produziert er pausenlos, schreibt Musiktheaterstücke, darunter „Die Tankstelle der Verdammten“, sein Buch „Das Leben und Schlimmeres. Hilfreiche Geschichten“ erscheint 2011.
Für sein neues Album „Andacht und Radau“ hat Ringsgwandl sich mit seiner Band in einer alten Schule eingemietet. Tonstudios hätten eine tödliche Atmosphäre, sagt er. Sie würden ihn an Amtsstuben erinnern. Passend zum Album-Titel ist auch der Name der dazugehörigen Tour: „Wuide unterwegs“, die Georg Ringsgwandl entsprechend ankündigen lässt: „Noch einmal der heftige Radau. Sex & Drugs & RocknRoll & Funk & Punk & Maiandacht. Besuch bei den aufgezwickten Gesängen der frühen Jahre. Keine Oldie-Andacht, ein Hochamt für aufgekratzte Geister im musikalischen Irrenhaus. Ein reifer Herr, geleitet von ungestümen jüngeren, und die alten Granaten werden endlich so gespielt, wie sie es vor 20, 30 Jahren schon verdient hätten.“ Die Songs waren schon damals gut, sagt er heute. Aber er sei zu sehr Amateur gewesen, um sie gut rüberzubringen und die Profimusiker hätten sich geweigert, mit ihm aufzutreten. Inzwischen hat er gute Songs, gute Musiker und immer noch Lust auf Radau - wie das Leben so spielt...
Ihr Thomas Otto