Bob Dylan - “Shadow Kingdom”

Bob Dylan - “Shadow Kingdom”

Mitte Juni 2021, als die Corona-Pandemie sämtliche Live-Events verhinderte, wurde ein Dylan-Konzert als Streaming-Live-Event angekündigt, das dann einen Monat später in einem begrenzten Zeitraum von lediglich einer Woche ausgestrahlt wurde. Ein Jahr zuvor, im Juni 2020, hatte Dylan mit "Rough and Rowdy Ways” eines seiner besten Alben seit langer Zeit veröffentlicht.
Entgegen den hochgespannten Erwartungen stellte sich der Stream nicht als Konzert in Echtzeit heraus – Dylan hatte die 13 von ihm herausgesuchten und extra für diesen Anlass halbakustisch neu arrangierten Songs zuvor im Studio eingespielt. Sie fungierten gewissermaßen als Soundtrack für ein gleichwohl sehr stimmungsvoll gefilmtes, knapp einstündiges Musikvideo. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen ist das Album "Shadow Kingdom" ein fabelhaftes geworden. Es präsentiert Songs aus dem legendären Dylan-Backkatalog wie „Forever Young”, „It's All Over Now, Baby Blue”, „Tombstone Blues”, „Queen Jane Approximately” oder "The Wicked Messenger”. Der „jüngste” Song der Tracklist ist „What Was It You Wanted“, vom Album „Oh Mercy“ von 1989.
Für die Aufnahmen des Albums hatte Dylan ein kleines Ensemble erfahrener Musiker ohne Schlagzeuger zusammengestellt, mit denen er für seine frühen Songs eine Synthese der vielen Stile verwirklichen konnte, die sich im Laufe der Jahre herausgebildet hatten.
In der Studio-Band spielen die Besten der Besten, darunter der Gitarrist, Songwriter und Produzent T Bone Burnett oder der Gitarrist und Produzent Greg Leisz (pedal steel). Am Kontrabass kein geringerer als Don Was, und auch der Mann am Akkordeon ist Legende: Jeff Taylor. Genauso wie Ira Ingber an der Gitarre, dessen Name seit beinahe fünf Jahrzehnten in den Credits der Alben von Captain Beefheart, Canned Heat, Joe Cocker und natürlich Bob Dylan steht. Die überwiegend akustischen Instrumente vermitteln ein faszinierendes Gefühl von Nähe und Unmittelbarkeit. Und Dylan selbst läuft bei solchem Line-up zur Hochform auf, die sein Alter von über 80 Jahren beinahe vergessen macht.
Der in schwarz-weiß gedrehte Film der israelisch-amerikanischen Regisseurin Alma Har'el selbst ist kein Konzertmitschnitt, sondern die stimmungsvolle Simulation eines perfekten Auftritts. Die Band darin ist für Dylans Verhältnisse recht jung. Etwa die großartige Kontrabassistin Janie Cowan, oder der Gitarrist Buck Meek von der Indie-Rock-Band „Big Thief“ und dem Jazz-Nachwuchsstar Joshua Crumbly – samt und sonders liefern sie die perfekte optische Finger-Synchronisation für ein großartiges Album.

tzm
 

(Bildrechte: MLK)