Daniil Trifonov || Destination Rachmaninov: Departure

Daniil Trifonov -  Destination Rachmaninov: Departure

Daniil Trifonov || Destination Rachmaninov: Departure
1 CD
Deutsche Grammophone
Erhältlich ab:  12.10.2018
 

Ein klanggewaltiges Reisetagebuch

Rachmaninov ging es nicht gut, als er sich 1900 an die Arbeit zu seinem zweiten  Klavierkonzert machte. Drei Jahre zuvor war seine erste Sinfonie beim Publikum und den Kritikern durchgefallen, was dem jungen Komponisten arg zusetzte – so sehr, dass er sich mit Depressionen in psychologische Behandlung begab. Sein erstes Klavierkonzert lag zehn Jahre zurück.
Ganz anders sein zweites Klavierkonzert op. 18 in c-Moll, das so groß und schwelgerisch, mit romantischer Attitüde daherkommt. Nicht nur, daß es bei seiner Moskauer Uraufführung im Oktober 1901  gefeiert wurde – es ist das beliebteste seiner vier Konzerte geworden, nicht zuletzt seines zweiten Satzes wegen, dem Adagio sostenuto.

Sein viertes Klavierkonzert, das g-Moll Konzert komponierte er 1926 in den USA als erstes größeres Werk seit seiner Übersiedlung 1918 in die USA  – es sollte zugleich sein letztes sein. Unüberhörbar in diesem Konzert die Einflüsse seiner neuen Umgebung: der Jazzharmonik, rhythmische Finessen, die Instrumentierung. Und dennoch - bei seiner Uraufführung im März 1927 fiel das Werk, ähnlich die Sinfonie Nr. 1, gnadenlos durch. Vielen war es zu modern geraten, sie waren irritiert  von Rachmaninovs neuem Ausdruck, der so gar nicht zum romantischen Ton seines zweiten Klavierkonzerts passen wollte. 

Sich ein Musikstück anzueignen ist jedes Mal, als wenn man sich auf eine Reise begibt. Dreist, wenn man es zu kennen glaubt, bietet die neuerliche Erarbeitung immer wieder Anlaß, zu verweilen, neue Facetten zu erkunden. Der Pianist Daniil Trifonov hat eine solche Reise unternommen, sowohl im übertragenen, als auch im direkten Sinne, und das vorliegende Album „Destination Rachmaninov: Departure“ ist das erste der konzeptionell zweiteilig angelegten Veröffentlichung.  Der zweite Teil, „Destination Rachmaninov: Arrival“, wird im September 2019 veröffentlicht. Beide Alben darf man getrost als Einladung verstehen, an dieser Reise teilzuhaben. So, wie der Komponist vor nunmehr hundert Jahren, reiste auch Trifonov in die USA, um dort mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin die vier Klavierkonzerte Sergej Rachmaninovs aufzunehmen. Gewissermaßen schließt sich hier ein Kreis. Denn wieder ist es dieses Orchester, das den Pianisten begleitet,  117 Jahre nach der Uraufführung des g-Moll-Konzerts - damals stand Leopold Stokowski am Pult. Interessanterweise entschied sich Trifonov, statt des 1941 überarbeiteten Konzerts für seine Originalfassung.


Zwischen die beiden Konzerte hat Trifonov drei der sechs Sätze aus Bachs Partita für Violine in E-Dur, BWV 1006 platziert, die Sergej Rachmaninov für Soloklavier transkribiert und arrangiert hatte:  Präludium, Gavotte und Gigue. Für Rachmaninov waren solche Klaviertranskriptionen Handwerk und Gelderwerb in einer Zeit, da er nach seiner Übersiedlung in die USA mehr als Pianist denn als Komponist tätig war. Zu den bekanntesten Arbeiten dieser Art zählt zweifelsohne die Bearbeitung von Rimsky-Korsakows „Hummelflug“. Die drei Bach-Transkriptionen wurden zum ersten Mal vollständig am 9. November 1933 in Harrsiburg vorgestellt. Trifonovs Vergnügen an den Arrangements dieser lebhaften und in sich polyphonen pianistischen Miniaturen, ist spürbar und sie überträgt sich auf den Hörer, der sie hier als Zwischenstation der Reise zu Rachmaninov erlebt. 

Thomas Otto