Drei Fragen an...

… Mehmet Yesilcay

 (Komponist, Lautenspieler, Leiter des Pera Ensembles)

Dieser Tage erscheint das aktuelle Album des Pera Ensembles: „1219 - The Saint & The Sultan“, das auf einen bestimmten historischen Anlass zurückgeht....


Im November 1219, also vor genau 800 Jahren, traf Francesco d’Assisi im ägyptischen Damiette auf das geistliche und politische Oberhaupt der Muslime, Sultan Al-Kamir Muhammad al-Malik. Assisi war eigentlich gekommen, um die Muslime zum Christentum bekehren. Von den Kreuzzügen, die zu jener Zeit unter christlichem Namen stattfanden, war er enttäuscht, weil sie nicht eben christlich verliefen. Zwischen Assisi und dem Sultan Al-Kamir Muhammad al-Malik jedoch entstand eine Freundschaft, die soweit ging, dass der Sultan ihm erlaubte, in seinem Reich das Christentum zu predigen.  Als Assisi jedoch erlebte, wie tief verwurzelt die Muslime in ihrem Glauben waren, gab er seine Mission auf und kehrte nach Italien zurück – nicht ohne einige ihrer Gepflogenheiten zu übernehmen. Markantestes Beispiel ist der Rosenkranz. Diese Begegnung hatte eine Leuchtturmwirkung und war aus meiner Sicht der Beginn eines Dialogs zwischen den Religionen. Die Botschaft ist heute wichtiger denn je: wir müssen miteinander über unseren Glauben reden, friedlich und mit Respekt!  

 

Für das aktuelle Album wenden Sie sich der Musik des Mittelalters zu. Mit Jordi Savall, dem katalanischen Musikwissenschaftler und Spezialisten für Alte Musik verbindet Sie eine frühere Zusammenarbeit. Sehen Sie auch inhaltliche Parallelen? 


Ich habe bereits in den Achtzigern begonnen, mich mit Alter Musik zu beschäftigen. Ich glaube allerdings, dass unser Projekt „1219“ konkreter ist und nicht nur aus seinem Anlass, sondern vor allem aus dem Inhalt seine Aktualität bezieht.  Seit ich 1968 nach Deutschland kam, habe ich Gitarre und auch Laute gespielt. Das war schon damals mein Versuch,  in der Fremde, in der Diaspora zu leben, ohne die eigenen kulturellen Wurzeln zu verlieren. Insofern gehe ich einen anderen Weg als Jordi Savall, der zweifellos ein Koryphäe seines Faches ist.  

 

Sie bezeichnen sich als Moslem, der mit seiner Arbeit Brücken, zwischen dem Orient und dem Okzident zu bauen versucht.  Wie kann die Musik solche Brücken bauen?


2005 habe ich das PeraEnsemble gegründet, ein Barockensemble. Ich merkte, dass man mit dieser Musik den Dialog der Kultur wunderbar darstellen kann, weil zur Zeit ihrer Entstehung die Berührungspunkte mit der Musik des Morgenlandes viel stärker waren, denken Sie nur an die vielen alla- turca-Elemente im Barock. 
Ich denke, dass vor allem ich als Person es bin, der hier als Brückenbauer fungiert: ein türkischer Moslem, der mitten in Westeuropa lebt, zugleich ein türkischer Musiker und Komponist, der westeuropäische Alte Musik spielt oder mit türkischer Musik mit westeuropäische Dichtung verbindet. Am 26.10.2019 erlebt meine Komposition „Divan“ ihre Uraufführung im Gasteig. Dazu habe ich Texte aus Goethes „Westöstlichen Divan“ vertont. Entstanden ist ein großes Werk für Orchester, orientalische Instrumente, Solisten und einen Sprecher. Das ist für mich die beste Art, Kulturen miteinander zu verbinden.
 

Die limitierte Deluxe-Edition ist ab sofort bei Ludwig Beck erhältlich:

Pera Ensemble / Mehmet Yesilcai
THE SAINT AND THE SULTAN
2CDs mit Begleitbuch im Schuber

zum Preis von € 25,95