
Gregory Porter – „Christmas Wish“
Als Gregory Porter 2013 einen Vertrag bei dem Jazzlabel Blue Note erhielt, blickte er bereits auf eine längere Sängerkarriere zurück. Damals veröffentlichte er sein erstes Blue-Note-Album „Liquid Spirit“. In regelmäßigen Abständen folgten weitere: „Take Me To The Alley“ (2016), „Nat King Cole And Me“ (2017) und „All Rise“ (2020). Inzwischen gilt er als einer der erfolgreichsten Jazz-Sänger.
Nun also legt Gregory Porter sein erstes Weihnachtsalbum vor und so exzellent, wie er in seinem künstlerischen Ausdruck und seinen stimmlichen Qualitäten ist, so wählerisch war er bei der Zusammenstellung des Repertoires. Neben Weihnachtsklassikern wie „Silent Night“ und drei Eigenkompositionen, darunter auch der Titelsong wie „Christmas Wish“, präsentiert Porter zeitlose Klassiker des Genres und zollt damit zugleich den Großen seiner Zunft auf ganz eigene Art seinen Tribut.
Etwa Nat King Cole. Der hatte den Song „A Cradle In Bethlehem“ mit seinem 1960 aufgenommen Album „The Magic Of Christmas“ zu einem wahren Klassiker gemacht, der seither immer wieder gecovert wurde, etwa von Vince Gill, Paul Anka oder Wynton Marsalis. Dass Gregory Porter ihn für sein Album auswählte, ist gleichsam eine Verneigung vor jenem Künstler, der ihn wie kein anderer geprägt hat, der ihm Vorbild und künstlerische Vaterfigur war. Oder Frank Sinatra. Für diesen schrieb das amerikanische Autorenduo Sammy Cahn/ Jule Stein 1954 den Song „Christmas Waltz“ – nachdem der sich ausdrücklich ein Weihnachtslied gewünscht hatte.
Anfang der Sechziger Jahre schrieben Clarence Paul und David Hamilton den Song „Purple Snowflakes“. Marvin Gaye nahm ihn 1965 für sein Album „Anthology“ auf, allerdings mit anderem Text und anderem Titel: „Pretty Little Baby“. Erst 1993 erschien „Purple Snowflakes“ auf der Motown-Compilation „Christmas In The City“ in der ursprünglichen Fassung. Interessant auch die Version des 1941 von Katherine K. Davis komponierten Liedes „Little Drummer Boy“, das die Geschichte eines armen Jungen erzählt, der es sich nicht leisten kann, dem neugeborenen Jesus ein Geschenk zu machen und stattdessen für ihn auf seiner Trommel spielt. Bei Gregory Porter setzt die Trommel in diesem Lied mit einer immer gleichen, konstant gespielten Phrase einen besonderen Akzent – wir kennen das aus einem ganz anderen Kontext: Maurice Ravels berühmter „Bolero“ bezieht seine Wirkung aus eben diesem Kunstgriff. Ein wunderbares Highlight ist Frank Loessers 1947 komponierter Song „What Are You Doing New Year’s Eve?“, das Gregory Porter hier im Duett mit Samara Joy singt. Loesser, dem wir auch so großartige Songs wie „Baby It’s Cold Outside“ verdanken, zeigt sich hier auf charmante Weise sehr witzig: Im Text des Songs, der zum Jahresende gespielt wird - sein Titel legt das nahe -, wird klar, dass eben diese Frage bereits Monate vorher, im Frühjahr gestellt wurde: „What Are You Doing New Year’s Eve?“. Wie heißt es so schön: „Vorfreude, schönste Freude…“
tzm

Gregory Porter – „Christmas Wish“
Blue Note
CD 19,95 €
LP 29,95 €
(Bildrechte: Erik Umphery)