Grigory Sokolov – "Purcell & Mozart"

Jedem, der das Glück hatte, Grigory Sokolov im Konzert zu erleben, wird die Besonderheit dieses großen Pianisten in Erinnerung sein. Wie er die Bühne betritt: ohne einen Blick zur Seite, auf den Flügel zueilend. Wie er, nach einer knappen Verbeugung, den tosenden Auftrittsapplaus kaum abwartend, auf dem Klavierhocker Platz nimmt, um nur endlich beginnen zu können. Wie er sich von der Welt da draußen verabschiedet, eintauchend in die seine, in die Welt der Musik... 
Ein Vierteljahrhundert lang hatte Sokolov überhaupt keine Aufnahmen gemacht, bis er sich schließlich doch wieder dazu bewegen ließ, wenn auch mit strengen Auflagen. Auch mit seiner neuen Veröffentlichung ließ er lange auf sich warten. Ohnehin nicht an Studioaufnahmen interessiert - nur der gegenwärtige Moment zählt, in dem seine Musik entsteht und verklingt – lässt er wenigstens zu, dass seine Konzerte mitgeschnitten werden, deren Repertoire, akribisch vorbereitet, er immer neu zusammenstellt. Aus den mitgeschnittenen Recitals wählt er Stück für Stück aus, welche es letztlich auf den Tonträger schaffen. 
So auch bei dem nun endlich vorliegenden neuen Doppelalbum „Purcell & Mozart“. Die erste CD ist dem Werk Henry Purcells vorbehalten, der neu im Repertoire des Pianisten ist. Sie wurde am 18. August 2023 beim Festival Internacional Santande aufgenommen. Sokolov wählte dafür die Suiten in g-Moll, Z. 661, in a-Moll, Z. 663 und in d-Moll, Z. 668 aus dem Zyklus “A Choice Collection of Lessons for the Cembalo or Spinet” aus. Alle entstanden in demselben Jahr, dem letzten Lebensjahr Purcells – veröffentlicht wurde sie ein Jahr nach seinem Tod.  Der besondere Reiz dieser Aufnahme liegt in der Interpretation der für das Cembalo komponierte Stücke auf dem Flügel. 
Kernstück der zweiten CD – die Aufnahmen dafür entstanden im selben Monat beim Musikfestival Quincena in San Sebastián - ist Wolfgang Amadeus Mozarts dreisätzige Klaviersonate Nr. 13 in B-Dur K. 333. Sie entstand als Reminiszenz zu Mozarts letzter Begegnung mit Johann Christian Bach 1788 in Paris, ergänzt durch das Adagio in h-Moll K. 540 (1778), das von feiner Melancholie geprägt ist. Auch diese beiden Werke verbindet eine gemeinsame Jahreszahl, wenngleich Mozart die Sonate erst zum Jahreswechsel 1783/84 aufgeschrieben hat.
Fast schon rituell ist das Procedere der Zugaben, mit denen Sokolov seine Konzerte bekrönt. Auch ihre Auswahl für diese Veröffentlichung folgt einem genauen musikalischen Kalkül. Von Jean-Philippe Rameau und Johann Sebastian Bach bis zu Frédéric Chopin spannt sich der Bogen und ergänzt die Hauptwerke seiner Recitals in idealer Weise.


tzm

Grigory Sokolov


„Purcell & Mozart"


Deutsche Grammophon / Universal


2-CD 23,95 € (VÖ: 30.8.24)


3-LP 49,95 € (VÖ: 11.10.24)

(Bildrechte: Oscar Tursunov)