
Die Lautten Compagney Berlin und ihr Gründer und Leiter Wolfgang Katschner sind seit langem nicht nur als Originalklang-Spezialisten bekannt, sondern auch für ihre aufregenden und vielfältigen Programme, in denen sie eine ungeheuer breite musikalische Palette präsentieren, stets mit einem oft überraschenden und unerwarteten Blick auf die Musik.
So auch bei ihrem neuen Album „Winter-Journeys“ – „Winterreisen“. Weit entfernt von der Schubert’schen Ausdeutung dieses Titels folgen die Stücke dieses Albums anderen Themen.
„Jeder Mensch verbindet mit Heimat etwas anderem; das kann ein Ort sein oder auch gelebte Traditionen, vertraute Klänge und Gerüche, das Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu sein und anzukommen“, erklärt Wolfgang Katschner. „In Winter Journeys haben wir diese Sehnsucht nach Heimat mit dem Synonym des Reisens im Winter verbunden“. Dabei ist „Winter Journeys“ mehr als „nur eine Winter-und Weihnachtsplatte“. Krieg, Vertreibung, Emigration, Wanderschaft, die Suche nach Heimat und die Suche nach Identität - diesem Thema, so Katschner, folgen die Musikstücke des Albums.
Die dafür ausgewählte Musik stammt weitgehend aus dem 17. Jahrhundert. Stücke der Komponisten Andreas Hammerschmidt, Michael Praetorius oder Heinrich Schütz kombiniert mit Volksliedern in eigenen Bearbeitungen.
Bei der Wahl ihrer Gesangssolisten haben Wolfgang Katschner und seine Lautten Compagney mit Hanna Herfurtner (Sopran), David Erler (Alt), Stephan Scherpe (Tenor) und Jakob Ahles (Bass) ein glückliches Händchen bewiesen. Mit herrlicher Homogenität und Ausgewogenheit im Zusammenklang der Stimmen an sich und auch mit dem Ensemblespiel kommen die originellen Arrangements des Cellisten und Komponisten Bo Wiget von Stücken wie etwa „Es ist ein Schnee gefallen“, „Ach bittrer Winter“ aufs Feinste zur Geltung. So, wie auch bei der Motette „Die mit Tränen säen“, die der Thomaskantor Johann Hermann Schein 1623 in der Sammlung von 26 geistlichen Vokalkompositionen, „ISRAELIS BRÜNLEIN - Auserlesener Krafft Sprüchlein Altes und newen Testaments“ veröffentlichte. Schein spielt beim dramaturgischen Aufbau des Albums auch insofern eine besondere Rolle, als einzelne Sätze seiner Suite in d-Moll quasi wie Zwischenspiele platziert wurden.
Zu den Entdeckungen dieses Albums gehört die Lamento-Arie „Meine Seufzer, meine Klagen“ aus dem Jahre 1697. Ihr Schöpfer, der weniger bekannte Tonsetzer Philipp Heinrich Erlebach, 1657 im ostfriesischen Esens geboren, wirkte am Hof von Rudolfstadt (Thüringen). Von seinen mehr als 1000 Werken fiel indes der Löwenanteil 1735 einem Schlossbrand zum Opfer. Hannah Herfurtner singt diese mit kunstvollen Melismen ausgestaltete Arie mit berührender Schlichtheit.
Ein Album zum Besinnen - im besten Sinne des Wortes
tzm

Lautten Compagney Berlin – „Winter Journeys“
Deutsche Harmonia Mundi
CD 19,95 €
(Bildrechte: Robert Paul Kothe)