
Viele Jahre lang war Lucas Debargue von dem, was er als die „sanfte Melancholie und harmonische Raffinesse“ von Faurés Klaviermusik beschreibt, fasziniert. Er spielte die frühen Klavierwerke des französischen Komponisten, hielt sich aber von den Bagatellen, Nocturnes und Préludes fern.
Die Wende kam, als Debargue auf die Neun Préludes op. 103 stieß. Diese schwer fassbaren Meisterwerke, die in den Jahren 1910-11 entstanden, „offenbaren die tiefe Originalität und Meisterschaft“ des Komponisten, so Debargue. Sie umfassen, so der Pianist, "eine große emotionale Bandbreite, die von heiterer Kontemplation bis zu extremer Angst reicht".
Für seine neue Einspielung hat Debargue Faurés gesamtes Klavierwerk von Anfang an unter die Lupe genommen. Auf 4 CDs zeichnet er „den Weg des Komponisten von seinen frühesten Klavierwerken bis zu seinem letzten Beitrag für dieses Medium nach“. Die Aufnahme dieser Werke habe, so der Pianist, sein Leben als Mensch und als Musiker verändert.
Das Besondere an diesen Aufnahmen ist nicht nur Debargues empfindsame Virtuosität, mit der er sich des Faurè-Repertoires annimmt. Es ist das Instrument, das er dafür ausgewählt hat. Er ist nämlich der festen Überzeugung, dass die Klaviermusik von Fauré einen ganz besonderen Instrumentalklang verdient. Mit dem Flügel „Opus 102“, der von Stephen Paulello, einem in der Bourgogne ansässigen Klavierbauer, entworfen und gebaut wurde, hat er das passende Instrument gefunden. Der Name des Instruments leitet sich von seinem erweiterten Tonumfang ab: Statt der üblichen 88 Tasten des modernen Konzertflügels weist Paulellos Flügel 102 Tasten auf, statt der 7 Oktaven plus 3 Töne umfasst er also acht Oktaven plus eine Quarte. Es handelt sich um ein „barless“ Piano, bei dem kein Teil des Metallrahmens über die Resonanzsaiten gelegt wird, was zu einer uneingeschränkten Resonanz über jede Saite und somit jede Note führt. Parallele Saiten und nickelbeschichtete Drähte tragen dazu bei, einen andersartigen Klavierklang zu erzeugen.
Was der Pianist als die „ideale Klarheit“ des Instruments beschreibt, führte ihn zu dem Schluss, dass dies der Flügel für seine Fauré-Aufnahmen sein würde. Zu den Qualitäten des Instruments zählt er die Fähigkeit, den Klang unmittelbar zu verändern, „von einem samtigen zu einem säuerlichen Klang zu wechseln“.
SCl/tzm

Lucas Debargue
„Fauré: The Complete Music for Solo Piano“
Sony Classical
4CDs 32,95 €
(Bildrechte: Dovile Sermokas)