Im Gespräch mit dem Geiger & Dirigenten Daniel Hope

Inbegriff der Sinnlichkeit und des Ausbruchs ...

Drei Fragen an den Stargeiger Daniel Hope

Das neue Album Daniel Hopes erscheint unter dem programmatischen Titel „Belle Époque“. In jenen gut dreißig Jahren um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nahm die Entwicklung von Kunst, Literatur und Musik einen rasanten Verlauf. Thomas Otto befragte Daniel Hope zu dessen Album „Belle Époque“, als den beeindruckenden Versuch einer künstlerischen Umarmung dieser Zeit.

Zunächst einmal, Herr Hope, können  Sie den Reiz genauer erklären, den gerade diese Jahre für Sie haben? Sie sprachen von dem Wunsch nach einer Zeitmaschine, „... mit der ich in die Pariser Salons, ja in diese ganze Epoche zurückkehren kann.” Woher kommt diese Faszination?

Ich habe ziemlich früh Proust sowie Klimt für mich entdeckt. Beide, obwohl grundverschieden, übten eine Faszination auf mich aus, die bis heute andauert. Hinzu kam meine erste Begegnung mit Ernest Chaussons Konzert für Violine, Klavier und Streichquartett, welches ich bereits mit 13 Jahren zum ersten Mal spielte. Seither ist die Belle Époque zu eine Art Obsession geworden, die Musik,  die Literatur, die Kunst. Seit 20 Jahren sammle ich sogar lauter Artefakte aus dieser Zeit.

Das Repertoirespektrum dieses Albums ist ungemein breit. Nicht nur was die Zahl der Komponisten, ihre Herkunft, ihre unterschiedlichen musikalischen Ausdrucksweisen betrifft – Sie selbst präsentieren sich auf diesem Album als Solist, als Kammermusikpartner und als Dirigent. Mit einer besonderen Vorliebe dabei? 

Am Anfang wollte ich ein Album machen, das “nur” die Salonstücke enthielt, die Marcel Proust damals in Paris gehört hat. Aber relativ schnell wurde mir klar, dass die Belle Époque als Inbegriff der Sinnlichkeit sowie des Ausbruchs so viel mehr bedeutet als Paris alleine. Außerdem wollte ich unbedingt einen größeren, schwelgerischen Orchesterklang hinzunehmen - hier war das Zürcher Kammerorchester ein unverzichtbarer Partner. Am Ende ist das jetzige Album meine bisher größte Produktion geworden.

„Belle Époque“ enthält neben beliebten und populären Stücken auch selten zu hörende Miniaturen, etwa von Rachmaninow, Charles Koechlin oder Frank Bridge sowie größere Orchesterwerke. Verblüffend in seiner Wirkung zum Beispiel Schönbergs spätromantisches „Notturno“ aus dem Jahre 1896 oder auch Ravels Violinsonate, an der er fast fünf Jahre arbeitete und die heute als Sonate posthume bekannt ist -  nach welchen Kriterien trafen Sie Ihre Auswahl? 

All meine Projekte sind das Ergebnis jahrelanger Arbeit und Recherche. Fast täglich sammle ich neue Stücke und Impulse, daraus entsteht eine fast enzyklopädische Datenbank, sehr viel davon existiert in meinem Kopf. Irgendwann kommt der Moment des “Zusammenfassens” - verbunden mit der nachvollziehbaren Sorge, auf einem solchen Konzeptalbum irgendeinen Komponist oder eine Farbe nicht ausreichend berücksichtigt zu haben! Nun sind aus einer CD zwei geworden. Bei dem Repertoire der 40  Jahre der Belle Époque hätte man sicherlich auch 40 CDs produzieren können, aber am Ende hoffe ich, dass ein Zuhörer zumindest eine CD davon von Anfang bis Ende durchhört. So ist für mich auch, neben der Repertoireauswahl, die Dramaturgie des Albums besonders wichtig.