Im Gespräch mit der Sopranistin Diana Damrau

Es gab so viel Tiefe, Wissen, Hoffnung und Menschlichkeit ...

Drei Fragen an die Sopranistin Diana Damrau

Die Bandbreite Ihrer Opernpartien ist enorm. Von der Königin der Nacht, der Donna Anna oder der Konstanze über die Violetta aus „La Traviata“, Gilda aus dem „Rigoletto“ bis zur Olympia aus „Hoffmanns Erzählungen“ oder der Zdenka aus „Arabella“.  Ebenso groß und vielfältig ist Ihr Lied- und Konzertrepertoire. Alban Berg, Gustav Mahler, Robert Schumann - und immer wieder Richard Strauss.

Wie verlief Ihr Weg zum Werk Richard Strauss’? Eher über die Opernbühne oder über den Konzertsaal - eher als Sophie aus dem „Rosenkavalier“ oder über das „Abendlied“?

In Berührung mit Richard Strauss Musik kam ich durch zwei CD Aufnahmen beide mit Orchesterliedern: Fritz Wunderlichs Orchesterlied-Aufnahme und Elisabeth Schwarzkopfs „4 Letzte Lieder“, haben mich so beeindruckt dass ich einfach alles von Strauss singen wollte. Begonnen habe ich schon während des Gesangstudiums mit den hohen Koloratur-Liedern wie „Amor“ oder „Ich wollt‘ ein Sträußlein binden“. Diese Lieder habe ich oft in Liederabenden gesungen. Auf der Bühne folgte dann gleich die Rolle der Zerbinetta aus „Ariadne auf Naxos“, Sophie aus dem „Rosenkavalier“ und Zdenka aus „Arabella“. Später die Aithra aus „Die ägyptische Helena“ und die „4 Letzten Lieder“, nun auch bald die Gräfin aus „Capriccio“. Es ist ein Schlaraffenland!
 
Die Lieder Richard Strauss’ sind für jeden Solisten eine Herausforderung – nicht zuletzt ihrer so engen Verbindung von Text und Musik wegen: jedes Wort, jede Silbe ist musikalisch „bedacht”. Für Ihr Album haben Sie sowohl Strauss-Lieder mit Klavierbegleitung gewählt als auch seine beinahe letzten Kompositionen mit Orchester– die „Vier letzten Lieder“. Wie nähern Sie als Interpretin sich diesen beiden unterschiedlichen Formen?  

Richard Strauss Lieder sind eigentlich „Miniaturopern“ - man muss eine bewegliche Stimme über mehrere Oktaven haben, einen langen Atem und eine große dynamische Vielfalt offerieren können. Technisch gibt es für mich keinen Unterschied. Das Wort spielt in seinen Liedern genau wie in seinen Opern eine ebenso wichtige Rolle wie die Musik. Man muss nur mit seiner eigenen Stimme singen und tief hineinsteigen und sich dann den Gegebenheiten anpassen, wie ein großes Orchester, einen großen Saal oder einen Kammermusikraum.

Für die Klavierlieder hatten Sie Helmut Deutsch an Ihrer Seite, mit dem Sie kürzlich auch das „Italienische Liederbuch“ von Hugo Wolf aufgenommen haben, gemeinsam mit Jonas Kaufmann. Bei den „Vier letzten Liedern“ stand Mariss Jansons am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks.  Aus gegebenem Anlass möchte ich Sie bitten, etwas zu dieser, leider letzten, Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden zu sagen. 

Eine gemeinsame Arbeit mit Mariss Jansons habe ich seit dem Konzert „3 Orchester und Stars“ zur Fußball WM in 2006 herbeigesehnt, wo ich ihn und das Orchester zum ersten Mal live erlebte. Nun war es endlich soweit. Er gab so viel Tiefe, Wissen, Hoffnung, Loslassen, Menschlichkeit und Liebe hinein, alles verschmolz zu einem Ganzen, sodass wir förmlich in eine andere Dimension getragen wurden. Vor allem beim letzten Konzert in der Carnegie Hall in NY war das Orchester überirdisch! Leider war ich stark erkältet und hätte beinahe gar nicht singen können. Ich bin so froh, dass ich es trotzdem tat. Auch der Maestro hatte bei dem Konzert schwer mit seiner Gesundheit zu kämpfen. Seine außerordentliche Disziplin und sein Willen das Beste herauszuholen, und sich komplett auf dem Podium in Musik zu verwandeln, haben das ganze Konzert zu einem ganz besonderen Abend werden lassen. Tragischer Weise war es sein letztes. Die „4 Letzten Lieder“ mit ihm und seinem Orchester zu musiziert zu haben bedeutet mit sehr viel. Er fehlt uns allen sehr.