Im Gespräch mit Dirigent Mariss Jansons

„Er ist der Beste von uns allen“, war die bemerkenswerte Antwort von Sir Simon Rattle, als er in einem Gespräch mit der Zeitung Die Welt (veröffentlicht am 2. April 2015) nach Mariss Jansons und weiteren großen Dirigenten befragt wurde. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des BR-KLASSIK Labels erscheint jetzt eine Sammlung von zehn SACDs mit Aufnahmen von Mariss Jansons. 
Stefan Piendl, der das Label BR-KLASSIK von Beginn berät, traf Mariss Jansons zu einem Gespräch. 

Maestro, Sie hatten einen maßgeblichen Anteil an der Entscheidung des Bayerischen Rundfunks, ein eigenes CD-Label für seine beiden Orchester und den Chor zu gründen. Welche Gründe hatten Sie dafür?

Ich hatte als Chefdirigent des Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam bereits die Vorzüge eines orchestereigenen Labels schätzen gelernt. Es gibt uns die künstlerische Freiheit bei der Entscheidung, welche Aufnahmen veröffentlicht werden. Wir haben die Hoheit über Gestaltung und Design, zuverlässige Veröffentlichungen im Einklang mit internationalen Tourneen und vieles mehr. 

In zehn Jahren  BR-KLASSIK veröffentlichte das Label 150 CDs in eigener Regie mit Aufnahmen von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und des Münchner Rundfunkorchesters. Rund ein Drittel davon stehen unter Ihrer künstlerischen Leitung. Wie empfinden Sie das Miteinander so vieler Künstler und Dirigenten am Pult Ihres Orchesters?  

Als belebend. Schauen Sie, jeder Dirigent, den das Orchester einlädt, bringt seine eigene Persönlichkeit, seine Erfahrungen und Ansichten mit. Ich sehe das als eine großartige Möglichkeit für das Orchester, davon zu lernen, seine hohe Qualität und das Niveau des Orchesters dadurch zu festigen. 

Die Aufnahmen, die das Label BR-KLASSIK von Ihnen veröffentlicht, sind ausschließlich Live-Mitschnitte. Das stellt nicht nur an Sie und das Orchester höchste Anforderungen, sondern auch an die Kollegen hinter den Reglern... 

Ich bin für die Tonmeister voller Respekt und dankbar für die gute Zusammenarbeit. Ich weiß, dass ich ihrem Rat und ihrem Urteil vertrauen kann. Natürlich behalte ich mir die letzte Entscheidung vor, und es kann schon vorkommen, dass ein Live Mitschnitt es doch nicht zu einer CD gebracht hat, auch wenn das Publikum im Saal begeistert gewesen war. Aber für so eine Veröffentlichung „für die Ewigkeit“ gelten einfach höhere Maßstäbe. Das sind ja musikalische Dokumente, die zeigen, wie das Orchester heute spielt und wie unsere Sicht auf die jeweilige Musik ist, insbesondere auch für die nächsten Generationen. 

Ihr Oeuvre ist breit und vielschichtig, davon zeugen nicht nur die vielen Aufnahmen, die Sie mit den verschiedenen Orchestern gemacht haben, sondern auch Ihr straff gefüllter  Konzertplan. Aus der großen Menge heraus - welche drei Werken haben für Sie eine ganz besondere Bedeutung? 

Die 9. Symphonie von Gustav Mahler, die 8. Symphonie von Anton Bruckner und die 3. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Aber wissen Sie, es müssen unbedingt noch drei Opern auf diese Liste: Puccinis „La Bohème“,„Pique Dame“ von Tschaikowsky und Verdis „Otello“. Ach,  schreiben Sie doch auch noch Lehárs „Lustige Witwe“ dazu...