Reinhard Mey – „Nach Haus“

Seit Jahrzehnten lieben seine Freunde und Anhänger die Art und Weise Reinhard Meys, die Zeit, in der wir leben, zu beschreiben und über sie nachzudenken. Es ist immer dieser so persönliche Ton in seinen Texten und Geschichten, die er, der inzwischen 81 ist (!), so erzählt, als habe er sie wirklich erlebt. Auch auf seinem neuem Album „Nach Haus“ gibt es diese kleinen Erzählungen über scheinbar nebensächliche Ereignisse, wie etwa in „Questa tavolo non si vende“: der alte Tisch, den er im Keller eines Winzers in Italien entdeckte und der „nicht zum Verkauf“ stand - heute steht er bei ihm. Solche Schilderungen sind ebenso stimmig wie sein Nachdenken. Und genau darum berührt ein Lied wie „Lagebericht“ auch so. In ihm beschreibt Reinhard Mey die Welt von 2042. Es ist eine Erde, die als Konsequenz von heute durch Nachlässigkeit, Ignoranz und rücksichtslose Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen zuschanden geritten wird. Über die Auswirkungen will man besser nicht reden, offiziell und in den Medien nicht – Reinhard Mey findet drastische Bilder in seinem Songtext. Dabei moralisiert er nicht, hebt nicht den Zeigefinger. Er fragt nur: ist das die Welt, in der ihr Leben wollt? Jede Zeit hat ihre Lieder. Manchmal sind sie so nötig, wie die Luft zum Atmen, um das, wovon sie handeln, begreifen und überstehen zu können. „No Man’s Land“ ist so ein Lied. Eric Bogle hatte es 1976 nach einer Tournee in Frankreich geschrieben, als er die Soldatengräber in Nordfrankreich und Flandern sah. Hannes Wader schrieb einen neuen Text dazu – „Es ist an der Zeit“: „… ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns heute immer noch tun…“ Das Lied ist aktuell wie damals, mehr sogar. In „Verschollen“ greift Reinhard Mey jenen Faden wieder auf, da heute, in den tragischen bewaffneten Konflikten unserer Welt, auch Gedanken an friedliche Lösungen rasch als „naiv“ betrachtet werden und das Unheil nicht zu bremsen scheint. In „Verschollen“ erklingt durch Reinhard Meys Text die Stimme eines sinnlos gefallenen, jungen Soldaten, der nie in den Krieg wollte und auf dem Rückzug bei Sacharow am Don durch Granatsplitter den Tod fand. Dass und warum Reinhard Mey mit dem musikalischen Weggefährten Hannes Wader befreundet ist, beschreibt er in dem Lied „Zwei Musketiere“, zu dem Wader die Musik schrieb und welches die beiden gemeinsam singen: „… wir haben einander erkannt, am Federhut, am Klang der Lieder, an der Laute, am wehenden Band…“ 
Konstantin Weckers Lied „Schlendern“ aus dem Jahr 2005 findet seinen Platz in den Erinnerungen ebenso wie „Black and White 1945“, ein Lied von Ross Brown über die Folgen der Liaison zwischen einem französischen Mädchen und einem Wehrmachtssoldaten im besetzten Frankreich. „In Zeiten des Krieges …denken wir in Schwarz und Weiß…
nichts scheint verschwommen... wir sehen, was ist … wir verlieren aus den Augen, was sein könnte.“ Reinhard Mey singt diesen Song gemeinsam mit einem kanadischen Singersongwriter, seinem Schwiegersohn Matthew Pearn.  
Ist „Nach Haus“ ein Alterswerk?  Altersweise? Vielleicht. In jedem Falle ist es Reinhard Mey.

tzm

Reinhard Mey 


„Nach Haus“


Odeon/ Universal


CD 19,95 € 


CD-Fotobuch Edition 32,95 € 


2LP 36,95 € 

(Bildrechte: Jim Rakete)