Rolling Stones – „Hackney Diamonds“

Lange musste man glauben, dass „A Bigger Bang“ (2005) das letzte Album der Rolling Stones mit eigenen Songs sein würde. Noch dazu muss die Band seit August 2021 ohne den so wichtigen vierten Mann Charlie Watts auskommen. Dessen Platz hinter dem Schlagzeug wird inzwischen offiziell von Steve Jordan eingenommen. 

Jetzt, nach 18 Jahren, kommt also wieder ein Album mit Originalmaterial. Man kann „Hackney Diamonds“ (englischer Slang:  Glassplitter, die nach Einbrüchen auf der Straße liegen) als das Resümee einer beispiellosen Bandgeschichte hören, das Songmaterial lässt diese Sicht zu. Schon der Sound des Openers „Angry“ erinnert an das ikonische Keith-Richards-Gitarrenriff zu „Start me up“, das dieser 1981 aus seiner Gitarre zwang. 
Dass „Angry“ hingegen glatter und poppiger daherkommt, gehört zu den Merkmalen des Albums. Wie sehr der Fingerprint des Produzenten ein Album prägt, weiß man nicht erst seit George Martins Zusammenarbeit mit den Beatles oder den „American Recordings“, dem von Rick Rubin produzierten Vermächtnis Johnny Cashs - auch „Hackney Diamonds“ ist tönender Beweis dafür. Die Stones und ihr langjähriger Produzent Don Was holten Andrew Watt dazu, der nach der jüngeren Generation mit Justin Bieber oder Camilla Cabello inzwischen auch jene Generation betreut, der die Stones angehören, etwa Elton John und Paul McCartney. So scheint es naheliegend, dass eben diese beiden denn auch auf dem Album, quasi als „Sidemen“, eine Rolle spielen. 

Einen ganz besonderen Akzent setzen die Stones und Andrew Watt bei „Live By the Sword“ – man hört die Band, wie man sie aus der Zeit von Mitte der 70er bis Anfang der 90er Jahre kannte: das Schlagzeug wurde von Charlie Watts bei seinen letzten Sessions vor seinem Tod im Jahr 2021 aufgenommen und  Bill Wyman, der die Band 1993 verließ, spielt den Bass. 
Und noch in einer anderen Weise bleiben sich die Stones bei ihren Alben treu: Keith Richards bekommt mit „Tell Me Straight“ seinen Solotitel. 

„Sweet Sounds Of Heaven“ ist das mit mehr als sieben Minuten längste Stück des Albums -und wird an keiner Stelle langweilig, auch wenn es vergleichsweise „glatt arrangiert“ klingt. Nach dem Intro mit Piano und Gitarre, in das sich nacheinander Drums und Bass geradezu hineinwälzen, fließt der Song und fließt und fließt – mit Stevie Wonders Klavierbegleitung. Bis Lady Gaga sich dazu gesellt. Wie ein Gospel mit hoher Bugwelle schiebt sich der Song jetzt vorwärts, bis zum Finale, um dann tosend ans Ufer zu krachen… 
Gut, dass man sich bei dem Album für die Langfassung entschieden hat. Sie gibt zwei Minuten lang Einblick in eine besondere Atmosphäre nach diesem emotionalen Showdown: locker, fast spielerisch, nimmt Lady Gaga den Faden wieder auf, um ihn mit Mick Jagger weiterzuspinnen und noch mal zum Grande Finale zu kommen.
Ob es nach diesem Album ein weiteres geben wird - wer weiß. Auf jeden Fall endet dieses hier mit einem Rückblick, der an den Anfang der Band zurückführt. 1950 erschien Muddy Waters Aufnahme von „Rollin‘ Stone“, ein immer wieder gecoverter Blues. In einer akustischen Version setzen Mick Jagger und Keith Richards, mit denen alles begann, mit Muddy Waters den Schlusspunkt, nur mit der Stimme, einer Mundharmonika und einer Gibson-Gitarre aus den 30er Jahren, wie sie der legendäre Robert Johnson gespielt hat.  Mehr geht nicht und – mehr braucht es nicht.   

tzm

Rolling Stones – „Hackney Diamonds“


Polydor


Jewel Box CD – 18,95 €


Ltd. Digipack CD – 19,95 € 


Ltd. CD & Bluray Box (Lenticular Cover) – 59,95 € 


Black Vinyl LP – 34,95 € 


Ltd. Indie Clear Vinyl LP – 36,95  € (Abgabe 1 pro Person, nur solange der Vorrat reicht) 

(Bildrechte: Alpha Universal)