Veronika Eberle/ Sir Simon Rattle / LSO - "Beethoven, Violinkonzert"

Veronika Eberle / Sir Simon Rattle / LSO – „Beethoven, Violinkonzert“ 


Ludwig van Beethoven hatte sein Violinkonzert in D-Dur op.61 im Jahr 1806, unmittelbar nach Vollendung seines Vierten Klavierkonzerts komponiert. Und er hat bis zum Schluss daran gearbeitet – noch zwei Tage vor der Uraufführung am 23. Dezember 1806 durch den Geigenvirtuosen Franz Clement änderte er mehrfach den Solopart.
Beethovens extrem hoher Anspruch an die ausführenden Musiker war berüchtigt. Dass er dabei erbarmungslos in seinen Anforderungen war, nicht nur an seine Zuhörer, sondern auch an die Ausführenden, offenbart sich jedem, der sich dem Abenteuer der Begegnung mit seiner Musik aussetzt. Er nahm keine Rücksicht auf technische Schwierigkeiten. Auf den Einwand eines berühmten Geigers, manche Stellen im D-Dur-Violinkonzert seien unspielbar, soll Beethoven geantwortet haben: „Was kümmert mich Ihre armselige Geige, wenn der Geist zu mir spricht.“ Die Musiker an ihre Grenzen zu führen, war Teil seines ästhetischen Konzepts.
Für ihr Plattendebüt hat sich Veronika Eberle gemeinsam mit dem London Symphony Orchestra unter Sir Simon Rattle jetzt dieses Werkes angenommen. Und obwohl Erwartungen und Ansprüche hoch waren, gelingt es ihr, sie mit dieser Aufnahme sogar noch zu übertreffen– mit den neu komponierten Kadenzen von Jörg Widman. Dessen Ansatz war nicht nur die virtuose Herausstellung des Soloinstruments, sondern auch der Versuch, den musikalischen Gedanken des Werkes aufzugreifen und ihn „heutig“ zu machen, wie etwa im zweiten Satz, dem Larghetto, in dem er die Kadenz am Ende des Satzes platziert, den er behutsam weiterentwickelt - durchsetzt mit Flageolettönen und Pizzicati - und dann attacca in den dritten Satz, das Allegretto münden lässt. Hier nun verlangt auch Widman der Solistin etwa beim Dialog zwischen Solovioline und Kontrabass alles an spieltechnischem Können ab. „Mögen die Hörer das Violinkonzert - in seiner ganzen Radikalität, seiner ehernen Schönheit und seiner Experimentierfreude - mit diesen Kadenzen neu hören: als zeitgenössische Musik von heute", sagt der Komponist zu seinen Kadenzen, mit denen er direkt jenem extremen Anspruch folgte, den Beethoven an das Soloinstrument stellte.
Ergänzt wird das Album durch das Fragment gebliebene Violinkonzert in C-Dur (WoO 5), das wahrscheinlich aus Beethovens frühen Wiener Jahren 1792 stammte. Man kann es als seinen ersten, unvollendeten Versuch der Arbeit an einem großen Violinkonzert betrachten, dem noch zwei weitere Versuche in Gestalt der beiden Romanzen für Violine und Orchester op. 40 und op. 50 folgten. Es hat mehrere Ansätze gegeben, dieses erst 1870 entdeckte Fragment zu bearbeiten – hier erklingt es pur, so wie es war, als Beethoven vermutlich 78 Jahre zuvor seinen letzten Federstrich daran tat. 
Das sehr hörenswerte Debütalbum Veronika Eberles dokumentiert zugleich eine spannende Begegnung von Klassik und Moderne.  

 

tzm
 

Veronika Eberle / Sir Simon Rattle / LSO – Beethoven, Violinkonzert 


 
LSO live / Note 1 

 

CD € 13,95