Wayne Shorter || Emanon

Wane Shorter

Wayne Shorter || Emanon
3 CDs + Graphic Novel (3 Vinyl + Graphic Novel)
Universal Blue Note
Erhältlich seit: 21.09.2018 (28.09.2018 Vinyl)

 

Namenlos? Ganz sicher nicht!

Was wissen wir eigentlich von Wayne Shorter? Immer, wenn von den ganz großen des Saxophons im Modern Jazz die Rede ist, fällt neben Charlie Parker, John Coltrane oder Coleman Hawkins auch sein Name: Wayne „Mr. Weird“ Shorter. Nun, man weiß um seine Jahre als Musical Director bei „Art Blakey And The Messengers“, und daß er in Miles Davis‘ bedeutendstem, dem zweiten Quintett an der Seite von Herbie Hancock, Ron Carter und Tony Williams dabei war, auch als Komponist. Und natürlich weiß man um die Gründung der Fusionband „Weather Report“ im Dezember 1970, gemeinsam mit Joe Zawinul.  


Im August dieses Jahres beging Shorter seinen 85. Geburtstag und passend dazu, quasi als Geburtstagsgeschenk für sich selbst und seine Anhänger erscheint jetzt bei Blue Note ein Dreifach-Album: „Emanon“. Es als „opus magnum“ zu bezeichnen, ist fürwahr nicht übertrieben - eine Sammlung aus vier Orchesterstücken, die Shorter komponiert und eingespielt hat: „Pegasus“, „Prometheus Unbound“ „Lotus“ und „The Three Marias“. Und die Orchestersounds sind nicht etwa gesampelt – hier saßen tatsächlich die Musiker des Orpheus Chamber Orchestra hinter den Pulten. 


„Mr. Weird“ goes Classic? Nicht im eigentlichen Sinne, auch wenn er sich des klassischen Instrumentariums bedient. Shorter sagt von sich selbst, daß er nicht komponiert. Bestenfalls seien die Stück verlangsamte Improvisationen. Jeder gibt was dazu, jeder stellt sich auf den andren ein – daraus entsteht eine Kommunikation aufgrund einer gemeinsamen Sprache. Die zu finden, hatten Shorter und die Musiker der Band Danilo Peréz (p), John Patitucci (bg) und Brian Blade (dr) bereits oft Gelegenheit. Man kennt sich aus langjähriger Zusammenarbeit und gemeinsamen Projekten. Wie aber ist das mit dem  Orpheus Chamber Orchestra gewesen? Die Musiker sind es eigentlich gewohnt, aus ihren Orchesterstimmen zu spielen, die wiederum in der Partitur notiert sind. Shorter hat sie für die Aufnahmen in den Modus seiner Band versetzt: er legte ihnen keine fertige Partitur vor, sondern ermunterte ließ sie während der Proben, in den Entstehungsprozeß mit eigenen Angeboten einzugreifen. Eine stille Verabredung auf der Basis von Klängen, deren Ergebnis erst dann in die Partitur eingetragen wurden. Sie hätten, sagt Shorter in einem Interview, keine Musik gespielt, sondern einen Dialog mit dem Leben.  Das Wissen um diesen Entstehungsprozess macht das Hörerlebnis des Albums zu etwas Besonderem. Beigefügt sind dem Album zwei weitere CDs mit Live-Performances dieser Stücke.


Wer oder was aber ist „Emanon“?  Die Beantwortung dieser Frage führt uns wieder zum Anfang, zu einer Vorliebe, die man nicht unbedingt mit Wayne Shorter in Verbindung bringen würde: seit seiner Kindheit liebt der Mann Science-Fiction - mit 15 hat er seinen ersten Comic gezeichnet.  Inspiriert zu dem Titel hat ihn eine gleichnamige Komposition Dizzie Gillespies aus dem Jahre 1946: „Emanon“ – „no name“ rückwärts buchstabiert. Ein Credo dafür, Musik nicht in irgendwelche Schemen zu pressen. Shorter hat daraus eine Figur kreiert, ähnlich wie Supermann. Emanon aber ist nicht da, die Welt zu retten, sondern den Menschen wachzurütteln, ihnen zu zeigen, daß sie mit ihren Potentialen selbst fähig sind,  sich und die Welt zu retten.  Seine Geschichte hat der Zeichner Randy DuBorke gestaltet. Sie ist als Graphic Novel  dem Album beigelegt.


Thomas Otto