Wilco – „Cousin“

Nach dem 2022 erschienenen Doppelalbum „Cruel Country“ veröffentlichen Wilco jetzt mit „Cousin“ das dreizehnte Studioalbum und überraschen Fans und Freunde, die Wilco als Vertreter des Alternative Country feierten, gleich mehrfach. Natürlich ist die Band bekannt dafür, musikalisches Neuland in jeder Richtung auszuloten. Aber dass sie mit „Cruel Country“ zu ihren Wurzeln zurückgekehrt war bedeutete nicht, dass die Band fortan so weitermachen wollte.  Mit „Cousin“ verlässt Wilco (wieder einmal) den scheinbar sicheren Pfad und zeigt sich von einer ganz anderen Seite. Schon beim Erscheinen von „Cruel Country“ hatte Jeff Tweedy „Cousin“ als Art-Pop-Album angekündigt und gesagt: „Ich denke, die Platte wird die Leute umhauen“.  Wilcos „Cousin“ weist eine weitere Besonderheit auf: seit dem 2007er Album „Sky Blue Sky“ saß erstmals jemand auf dem Produzentenstuhl, der eigentlich mit der Band gar nichts zu tun hatte. Für „Cousin“ nämlich holten Wilco die walisische Musikerin und Produzentin Cate Le Bon nach Chicago in das legendäre Studio der Band The Loft.  Und Cate Le Bon hat dem Albumsound eine ganz eigene Handschrift verpasst – unter anderem mit Saxophon, billigen japanischen Gitarren und einer Drum-Maschine im New-Wave-Stil wie etwa bei dem Titel „Sunlights Ends“.  Was Le Bon, die auch am Bass, an Piano und Synthesizer und bei den Backing Vocals die Aufnahmen unterstützte, an Wilco fasziniert, ist, dass sie alles sein können, was sie wollen. „Sie sind so vielseitig“, sagt sie. „Und es gibt eine Originalität, die alles durchzieht, was sie machen, egal welches Genre, egal welches Feeling.“ Wie recht sie hat, lässt sich am besten bei „Soldier Child“ heraushören – in feinster Wilco-Manier, mit einfachen Harmonien und Ohrwurm-Melodie, bildet der Song einen starken Kontrast etwa zu den Soundschichtungen des Openers „Infinite Surprise“, welche die eigentliche Melodie überlagern und die „Unendliche Überraschung“ schließlich in Störgeräuschen untergehen lassen. Und man glaubt beim letzten Titel „Meant To Be“ seinen Ohren nicht zu trauen, wie Jeff Tweedy diesen Song als leichtfüßige Popnummer zelebriert.
„Ich bin der Cousin der Welt“, gesteht der Frontmann. „Ich habe nicht das Gefühl, ein Blutsverwandter zu sein, aber vielleicht bin ich ein angeheirateter Cousin.“ 

tzm

Wilco


„Cousin“ 


Sony Music


CD 19,95 €


LP 29,95 €

(Bildrechte: Redferns, Per Ole Hagen)