Charles Castronovo – „Puccini: Il Canti – Orchesterwerke“

Giacomo Puccini hat nur wenige Werke für Singstimme mit Klavierbegleitung geschrieben. Elf Lieder wurden zu seinen Lebzeiten veröffentlicht; weitere waren mehr als ein Jahrhundert lang verschollen. 2010 konnte eine erste kritische Edition der insgesamt sechzehn Vokalkompositionen vorgelegt werden, von denen mehrere in enger Beziehung zu Puccinis Opern stehen und bereits während seines Studiums in Mailand entstanden waren. Diese Ausgabe regte den Arrangeur Johannes X. Schachtner an, die wie Klavierauszüge wirkenden Begleitsätze für Orchester zu bearbeiten. 
Puccinis Klavierlieder stehen ganz in der italienischen Tradition des 19. Jahrhunderts. Die meisten italienischen Opernkomponisten – von Rossini, Donizetti und Bellini bis Verdi – haben auch Lieder geschaffen. Anders als das deutsche Kunstlied stehen diese immer in enger Beziehung zum Belcanto, dem „schönen Gesang“, und geben damit einem unwiderstehlichen Melos das Primat vor der zumeist schlichten, doch von reizvollen Harmonien getragenen Begleitung; und kaum einmal verleugnen sie das dramatische Gespür des Opernkomponisten. Den Arrangeur faszinierte bei seiner Arbeit mehr und mehr, wie jene Lieder, die zu ganz unterschiedlichen Anlässen entstanden sind und keinen inhaltlichen Zusammenhang besitzen, dennoch die hochspannende Chronik eines Komponistenlebens transportieren: Vom jugendlichem, fast unschuldigem Liebeslied „A te“ bis zu Puccinis letzten Liedern mit dem eindrucksvollen „Morire?“; aber auch mit kleinen Albumblättern, wie der nur wenige Takte umfassenden Vertonung des italienischen Sprichworts „Casa mia, casa mia“. Einige Lieder erlauben auch einen Blick in die Werkstatt des Komponisten Puccini, der sich in seinen Opern aus früheren Werken bediente. So wurde eine Melodie aus dem Lied „Mentía l’avviso“, das Teil seiner Abschlussprüfung am Konservatorium von Parma war, einige Jahre später zu der berühmten Arie „Donna non vidi mai“ des Des Grieux in seiner Oper Manon Lescaut. 
Ergänzt werden die sechzehn mit Orchesterbegleitung arrangierten Lieder durch Orchesterwerke Puccinis, die während seiner Studienzeit am Mailänder Konservatorium entstanden. Im „Preludio sinfonico“ schimmert die Wagner-Begeisterung Puccinis durch, während sich im „Capriccio sinfonico“ ein ganzes Reservoir späterer Opernmelodien ausbreitet. Puccinis für Streichquartett komponierte Trauermusik „Crisantemi“, hier für Streichorchester arrangiert, entstand vor seinem ersten durchschlagenden Erfolg mit Manon Lescaut, wo Melodien daraus wiederkehren. Puccini schrieb das Stück in Gedenken an Herzog Amadeo von Savoyen, der am 18. Januar 1890 gestorben war.

 
tzm

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Charles Castronovo

„Puccini: Il Canti – Orchesterwerke“


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Von Thomas Otto

ZUM INTERVIEW

 

(Bildrechte: Vincent Lecart)